Nun mal ehrlich – lohnt sich der private China-Import von Klemmbausteinen?
Konfuzius sagt: „Es kommt darauf an, mit welchen Erwartungen man an die Sache herangeht!“ Die Legende, das direkt aus China alles und immer billiger sei, hält sich. Weil es teilweise stimmt. Aber: Man kann auch auf den Bauch fallen. Und muss meistens gutes Sitzfleisch haben. Hier mal ein paar Gedanken zu dem Thema, aufgezogen am Beispiel „Klemmbausteine“, aber eigentlich auf fast jede andere Warengruppe anwendbar.
Gleich vorweg meine persönliche Beichte … auch ich bin einer von denjenigen, die nicht nur Lego kaufen, Alternativen nicht nur bei BB Services (oder anderen europäischen Anbietern) ordern, die voll Freude bei AliExpress suchen, finden und kaufen. Ist das verwerflich? Nein, das ist (in meinen Augen) das Verhalten des mündigen Käufers. Aber ich laufe dabei nicht mit ideologischen Scheuklappen oder idiotischem Halbwissen durch die Gegend. Und bin mir so bewusst, dass der Kauf in China nicht unbedingt das Schnäppchen sein muss. Aber manchmal eben unumgänglich wird.
Und, ebenfalls vorweg, noch ein wenig Einkaufsmoral: Absolut unter aller Kanone und nie und nimmer zu rechtfertigen ist der bewusste Kauf von Kopien und anderer Klauware. Auch wenn das versehentlich in den besten Familien vorkommen kann, wer nachgemachte Lego-Sets oder sonstwie unehrenhaft zustande gekommene Sets kauft, der hat meistens keine Entschuldigung. Lego ist zu teuer? Mercedes auch, aber ich lasse mir deswegen doch nicht einfach einen klauen! Die Kinder wünschen sich das aber so sehr? Dann mach Deinen Anspruchsblagen klar, dass es nicht immer alles geben kann! Gibt es doch nicht mehr im Handel? Ja, Pech, damit sind aber Rechte noch lange nicht erloschen! Machen doch alle? Sagte der Lemming und nahm Anlauf …
Also … wann lohnt es sich denn nun wirklich, meiner Meinung nach?
Fall Nummer Eins – es gibt ein Set schlicht nicht bei einem der Importeure. Irgendwie keine große Denksportaufgabe: Will ich etwas haben, das es (aus welchem Grund auch immer) in Europa nicht gibt, dann muss ich eben in China direkt bestellen. Und es gibt in China wirklich weitaus mehr. Etwa die „Hall of Fame“ von Xingbao, aus der der kleine Konfuzius oben stammt. Manchmal liefert es dann später auch eine Langnase, aber da haben wir dem schon die lange Nase gezeigt. Und …
Fall Nummer Zwei – ein Importeur bietet zwar das gewünschte Set an, hat dies aber umgepackt und Sachen entfernt. Das können nun Minifiguren sein, oder auch kleine Hakenkreuze, auf jeden Fall ist das Set nicht mehr komplett und somit für viele Leute uninteressant. Wenn etwa BB Services die Sembo-Serie mit chinesischem Street Food anbietet, dabei aber die Figuren rausreisst, dann macht die Serie irgendwo gar keinen Sinn mehr. Wobei „unvollständig“ noch ein anderes Thema sein kann …
Fall Nummer Drei – ein Importeur bietet aus einer thematisch geschlossenen Serie eine (oft sehr willkürlich erscheinende) Auswahl an, zu den Gründen habe ich meine eigene Theorie, aber darum geht es nicht. Street Food gab es etwa nur zu 50%. Anderes Beispiel Balody: Fünf chinesische Glücksgötter im Angebot, BB Services liefert erstmal zwei, zieht später mit einem dritten nach (und nennt den Gott Fuxing dann „Billiken„, nach einer sehr unterschiedlichen US-Erfindung). Wen wundert es, wenn der Sammler dann direkt in China das Komplettset bestellt? Zumal, da inklusive Porto zwei Figuren aus Flörsheim dasselbe kosten wie fünf aus dem Fernen Osten? Aber, bitte bedenken …
Fall Nummer Vier – beim Importeur ist ein Set vielleicht auf den ersten Blick exorbitant teuer. Nur, stimmt das auch auf den zweiten Blick? Theoretisch fallen ja vor allem bei grösseren Lieferungen auch beim Endkunden noch Abgaben an, die aber oft schlicht nicht erhoben werden. Das ist ein Glücksspiel. Meine Faustregel lautet hier: Wenn ich mit einem potentiellen Aufschlag von rund 30% noch immer von einem günstigen Preis reden kann, dann wird es realistisch.
Rechenbeispiel: Bei den oben genannten Balody-Gottheiten verlangt BB Services für drei dann rund 30 € (plus Porto), das ist in etwa der Preis (inklusive Porto), den ich in China für fünf gezahlt habe. Hätte mein Paket beim Zoll Begehrlichkeiten erweckt, wäre der Endpreis bei vielleicht 40 € gelandet … pro Figur also 8 €, rund 20% weniger als via Rhein-Main-Gebiet, das Porto jetzt mal gar nicht auseinander klabüstert. 20% klingt viel, zwei Euro (wenn man wirklich nur eine Figur haben will) sind es aber faktisch nicht. Und: Bestellt der geneigte Klemmbausteinfreund bei Onkel Klaus, ist das Päckchen im Regelfall schnell ausgeliefert, und man muss sich um Zusatzkosten keinen Kopf machen.
Die China-Einkauf dagegen gestaltet sich oft abenteuerlich – neben langen Wartezeiten ist da immer die Unsicherheit, ob auch wirklich geliefert wird, was man bestellte. Gelegentlich bekommt man überraschend statt einer Badewannen-Ente einen Dildo, lässt sich aber bei AliExpress zumindest durch den Käuferschutz gut abwickeln. Fehlende oder defekte Teile meist ebenso, aber auch hier sind die Laufzeiten gelegentlich erheblich (wobei sich ja auch Importeure da nicht unbedingt mit Ruhm bekleckern sollen). Originalverpackungen sieht man ohnehin selten im Paket aus China, da muss man mit leben. Und von Konfektionsgrößen will ich hier gar nicht anfangen …
Also, lohnt sich der Direktimport?
Ja und nein, es kommt auf die Erwartungshaltung an. Und letztlich muss das jeder Käufer mit sich selber ausmachen – wer sich bei zwei Euro Mindermengenaufschlag in Flörsheim schon ins Höschen nässt, der kann langfristig immer mit Problemen rechnen, denn er hat einige Grundlagen nicht begriffen. Und wer zwei Euro in China sparen will, dann aber über lange Wartezeiten, den fehlenden Originalkarton und so weiter meckert … oder gar über eine Aktion des Zolls … der hat alle Schuld selber zu tragen.
Wie schon gesagt: Man kann, man muss nicht, und der Mix macht’s.