Meine kleine Pisa-Studie – Klemmbaustein-Lösungen im direkten Vergleich
Viele Leute neigen ja dazu, Äpfel mit Birnen zu vergleichen … wenn es denn der subjektiven Wahrheitsfindung dient. Ich aber erspähte eine gute Gelegenheit, einmal die modellhafte Umsetzung eines Gebäudes mit dem Medium „Klemmbausteine“ Seite an Seite zu betrachten. In verschiedenen Steingrößen, aber am Ende eigentlich alle fast gleich hoch im Regal stehend. Aber nicht gleich geliebt, denn die individuellen Versionen des Schiefen Turms von Pisa weisen schon beträchtliche Unterschiede auf.

Pisa ist so ein typischer ELO, ein Eimerlistenort, an dem jeder Mensch einmal gewesen sein muss. Sagen alle Reiseführer, Influencer und so weiter. Warum? Weil da ein Turm in Schräglage steht. Und man dann das obligatorische Foto machen kann, bei dem man den Turm vor dem Umstürzen bewahrt. Danach sofort weiter, weil der Zeitplan drängt. Dementsprechend ist Pisa auch ein Ort, an dem man sich eher mit englischen, chinesischen und japanischen Wortfetzen durch die Menschenmassen bewegen kann, als mit einem dezenten „Scusi!“ Zugegeben, der sich bedrohlich neigende Campanile von Pisa ist einen Blick wert, aber auf der Piazza dei Miracoli (so wird der Domplatz heute genannt, nicht als Ehrung von Mamma Miracoli, sondern auf den Proto-Faschisten Gabriele D’Annunzio zurückgehend) gibt es viel mehr zu sehen. Und, ganz ehrlich, mir hatte es das Baptisterium auf der anderen Seite der Kathedrale mehr angetan. Vor allem wegen der Akustik, aber um die richtig zu erleben, muss man etwas Glück haben und zum richtigen Zeitpunkt da sein … dann nämlich schmettert man dort Kirchengesänge. Wie auch immer, die meisten Leute kommen wegen des Turms. Manche verpassen ihn auch, Blickwinkel ist oft alles – die Tochter einer Bekannten fragte erst lange nach der Abfahrt, wo denn da jetzt ein schiefer Turm gewesen wäre.
Und wenn ich selber an Pisa zurückdenke … ja, dann wird es kurios: Nach einem heftigen Regenschauer war die Piazza seltsam leer, was sich aber schnell wieder ändern sollte. Und als dann die Sonne herausbrach, da sassen wir schon mit unserem Bekannten Tom in dieser kleinen Trattoria, die nicht nur eine der besten Calzone überhaupt auf den Tisch zauberte, sondern auch mit einem sehr guten Dessertangebot aufwartete. Mein Pisa-Erlebnis Nummer Eins, Schiefer Turm als Extra mitgenommen.
Aber … Pisa, genauer gesagt der bekannte Turm, war auch eine freudige Überraschung in der Klemmbausteinwelt – denn ich konnte Modelle von drei Firmen in drei verschiedenen Größen erwerben. Also, verschiedene Steingrößen, die Höhe der Modelle war am Ende kaum unterschiedlich. Hier sehen wir dann gleich mal die drei Hauptakteure der Pisa-Studie, des Vergleichs zwischen den Turm-Modellen. Von links nach rechts Lego in „klassischer“ Steingröße, LOZ erbaut aus Ministeinen (im Prinzip verkleinerte Legosteine), und YZ-Diamond aus Diamond Blocks (Nanoblocks).
Komplettisten werden sofort anmerken, dass es auch noch einen Turm von Wange gibt … ja, gibt es, nein, will ich nicht haben, denn weder begeistert mich die Gestaltung der bisherigen Modelle dieser Firma (wie man etwa deren Notre Dame de Paris mit den immensen blauen Scheiben über den grünen Klee loben kann, ist mir rätselhaft), noch war ich mit der Qualität von Wange-Sets bislang wirklich zufrieden. Also, Schwamm drüber.
Kommen wir erst einmal zum Platzhirsch Lego – vor einigen Jahren gab es den Schiefen Turm von Pisa in der Architektur-Serie, für rund 27 Euro ergatterte ich ein Restexemplar im örtlichen Spielwarenhandel, setzte mich an einem Samstagvormittag an den Basteltisch … und verlor die Lust am Leben.

Die einzigen farblichen Lichtblicke waren die Bodenfliesen, ansonsten Weiss-Weiss-Weiss. Und sich immer wiederholende Konstruktionsschritte mit Scharnieren, die dann eine unbeholfene Rundkonstruktion ergaben. Gut, die Wiederholung liegt in der Natur der Sache, sechs Ebenen des Campanile sind identisch, aber in nur einer Farbe, mit minimaler Steinvariation? Und dann kam schnell die Erkenntnis, dass der Turm viel zu schlank wird … irgendwann dachte ich schon, an einem unter Albinismus leidenden Dildo zu werkeln. Endresultat: Ja, war was Anderes, und die Steine kann ich bestimmt bei MOCs nochmal gut gebrauchen. Kaufempfehlung? Nicht mit gutem Gewissen, außer für Hardcore-Lego-Fans. Die weiße Fahne, ein Offenbarungseid?
Der nächste Turm war dann ein Zufallsfund … unter dem Namen „Playtive“ bei Lidl verkauft, Teil einer Viererserie (mit dem Elizabeth Tower, dem Brandenburger Tor und dem Eiffelturm). Und mit sechs Euro (ja, € 6) in einer Preisklasse, in der ein Spontankauf, unbesehen, kein Problem ist. Welch Freude: Im Karton versteckten sich Original-Ministeine von LOZ.

Nun könnte man denken, dass die prinzipiell von Lego kopierten, aber eben verkleinerten Steine eine direkte Kopie des Modells nahelegen würden. Aber, um den großen Philosophen Lothar Bernhard Walter zu zitieren: „Nein, nein, mein Freund!“ LOZ setzt auf eine achteckige Form aus Platten, die Kolonnaden entstehen aus jeweils vier Zaunteilen, womit sich ein im Grunde runder Turm ergibt. Da hier auch hellgraue Teile eingebaut werden, die den Schattenwurf gut imitieren, wird der Turm auch farblich abwechslungsreicher. Endresultat: Ein gelungener Schiefer Turm von Pisa für den Schreibtisch. Kaufempfehlung? Bei dem Preis eigentlich eine dumme Frage. Die rote Fahne? Vorbildgetreu, denn meist weht dort die Stadtfahne von Pisa.
Kommen wir zum dritten im Bunde, von YZ-Diamond, entdeckt bei BB Services („BlueBrixx“) in Flörsheim und dort umgehend gekauft – Glück gehabt, denn wie so vieles bei den Hessen ist das Set seit langem „zur Zeit vergriffen“. 1944 Teile für € 19,95 waren angemessene Schlagzahlen, selbst bei den winzigen Diamond Blocks:

Und, man sieht es auf den ersten Blick, YZ-Diamond liefert nicht nur Turm pur, sondern auch einen Teil der Piazza dazu. Samt einer angedeuteten, insgesamt recht schönen Fassade des Duomo. Die Bauweise ist insgesamt „verpixelt“, also in der typisch kantigen Form der Nanoblocks, und auch bei den Farben hat man sich etwas von der Sonnenuntergangs-Optik inspirieren lassen. Im Gegensatz zu den Modellen von Lego und LOZ steht der YZ-Turm übrigens nicht auf einer schiefen Ebene, sondern wird mit Hilfe eines Kugelgelenkes im Innern halb schwebend gehalten. Was eine beim Transport ungeheuer wacklige Angelegenheit ist, aber insgesamt recht gut wirkt. Endresultat: Eine Straßenszene aus Pisa, bei der auch der Turm dabei ist. Kaufempfehlung? Ja, wenn man mit den kleinen Steinen umgehen kann und die Nerven hat. Die italienische Fahne? Mag an Nationalfeiertagen vorbildgetreu sein, wirkt auf jeden Fall gut.
Bleibt meine abschließende Zusammenfassung – das teuerste Modell war das erste auf dem Markt, ist aber das schlechteste. Das billigste Modell ist, meiner Ansicht nach, die beste modellhafte Darstellung des Schiefen Turmes von Pisa. Und das Diamond-Block-Modell ist, wieder rein meine persönliche Meinung, das schönste Modell von allen Dreien.