Bella Venezia – die Silhouette der Serenissima von Lego
Nein, das Venedig-Set ist nicht neu (es ist sogar schon bei Lego auf Rente geschickt worden), und es ist auch keine bautechnische Sensation. Und nachdem der Karton nun mehr als zwei Jahre im Fundus schlummerte, musste ich doch mal drangehen. Eine kleine Bastelei in einer ruhigen Stunde. Aber: Ich war begeistert. Wirklich. Also verliere ich hier ein paar Worte dazu (und kann gleich ein paar Urlaubsschnappschüsse zeigen, sozusagen der virtuelle Dia-Abend).
Gleich vorweg: Billig ist das Set nicht (auch wenn ich es mit Glück als Restexemplar im örtlichen Spielwarenladen mit Rabatt einsacken konnte), und wer hier auf den legendären Steinpreis schielt, der wird Schnappatmung bekommen. Gilt prinzipiell für Legos gesamte Architektur-Serie. Und wirklich anspruchsvoll ist allenfalls die Aufmachung: Ein sehr stabiler Karton, ein erstklassiges Heft mit Bauanleitung und Hintergrundinformationen, die Bauanleitung selber auch für den absoluten Laien verständlich. Bautechniken, verwendete Steine, alles Standard … und man kommt mit drei bedruckten Steinen aus. Dafür sieht das Endergebnis dann auch wirklich wie das Kartonbild aus.

Nun wird im Vergleich zum Bild ganz oben vielleicht auffallen … so wirklich die Silhouette der Serenissima ist das nicht, denn so eine Ansicht von Venedig kann man nie und nimmer im echten Leben genießen, auch nicht vom dicksten Kreuzfahrtschiff. Lego hat hier schlicht eine Reihe von bekannten Bauwerken aneinander gefügt, die so nie aneinander stehen.
Doch einen Moment mal … Sinn macht die Anordnung schon, denn es ist die klassische Venedig-Wanderung ab dem Busbahnhof, der Bahnstation Santa Lucia oder dem furchtbaren Kreuzfahrtterminal. Zu Fuss zur Rialtobrücke, dann weiter zum Markusplatz, schnell noch die Seufzerbrücke mitgenommen. Die Highlights von Venedig in derselben Reihenfolge, wie Lego sie zeigt, die Route kann man auf Google Maps nachvollziehen. Danach dann ein Vaporetto um die Inseln nach Murano, nach obligatorischem Glaskauf weiter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln über San Michele zurück zum Ausgangspunkt. Nicht unbedingt sehr individuell, aber auch ohne große Orts- und Sprachkenntnisse machbar. Das Touristenideal.
Doch zurück zum Lego Venedig … wie stehen die Highlights denn nun verkleinert da? Recht stilisiert …
Fotostop Nummer Eins – die Rialtobrücke. Auf den ersten Blick erkennbar. Und doch beim näheren Hinsehen mit deutlichen Unterschieden zum Vorbild gesegnet. Wobei ich mich frage, ob eine Drehung der Dachsteine um neunzig Grad nicht originalgetreuer wäre? Aber eigentlich egal, denn wie ich schon sagte: Trotz der objektiven Unterschiede, erkennt man, vom Schriftzug „Venice“ konditioniert, die Brücke sofort. Nur hadere ich eben mit diesem Schriftzug – „Venezia“ wäre mir lieber gewesen.
Fotostop Nummer Zwei – der Markusdom, am gleichnamigen Platz. Im Original ein spektakuläres Gebäude, das man jedoch nie richtig sieht … eng umschlungen von anderen Bauwerken verschwinden die nicht zum Markusplatz gerichteten Fassaden im urbanen Dschungel, die fünf Kuppeln nimmt man meist nicht wahr, und vor der Kirche stapeln sich die Touristen (von denen immer einige entgegen aller Vorschriften die Tauben füttern). Selfie-Central. Ist die Basilika gelungen? Unter Verwendung eines bedruckten Teils (sieht zunächst wie ein Lüftungsgitter aus) klappt es irgendwie, nicht erstklassig, aber erkennbar. Und in dieser Verkleinerung wohl auch nicht besser zu leisten.
Fotostop Nummer Drei – ebenfalls auf dem Markusplatz der gigantische Campanile oder Glockenturm, zusammen mit den auf Säulen stehenden Statuen des venezianischen Markus-Löwen und des heiligen Theodorus (samt Krokodil). Der Löwe ist, naja, „nicht wirklich überzeugend“, Theodorus eine Mini-Minifigur, aber der Campanile dann doch wirklich gelungen. Wobei auch ein mit dem Löwen-Relief bedruckter Stein hilft. Gut, eine allseitige Bedruckung mit eben diesem Motiv wäre Königsklasse gewesen, aber das ist kaum zu fordern. Und Aufkleber? Dann müssen Grobmotoriker und der Held wieder weinen. Also: Mir gefällt es. Und es ist sofort zu erkennen, was hier stehen soll.
Fotostop Nummer Vier – die Seufzerbrücke. Die bei mir tatsächlich einen Seufzer hervorrief. Denn auch wenn die Brücke an sich gut getroffen ist, sie steht nunmal nicht so allein da. Und ohne die beidseitigen Häuserfronten fehlt ihr nicht nur der Sinn, sondern auch ein wesentlicher Teil der Optik. Vielleicht wäre die Einfahrt zum Hafen am Arsenal besser gewesen … aber die kennt wiederum kaum ein Tagestourist.
Dennoch … Preis hin, Vereinfachung her, Seufzer unterdrückt: Mir gefällt das Set. Und ich bin froh, es noch ergattert zu haben.